Mittwoch, 9. April 2008

Eucken zum Begriff des Neoliberalen

In der heutigen Zeit ist es zur Mode geworden, jegliche ökonomische Vernunft als „Neoliberalismus“ zu verteufeln, um sich einer ernsthaften Debatte wirtschaftspolitischer Herausforderungen nicht stellen zu müssen. Walter Eucken äußert sich in seinem Buch "Grundsätze der Wirtschaftspolitik" zu den Begriffen liberal und neoliberal folgendermaßen:


"Diese Prinzipien (Wettbewerbsordnung: Anm. d. mich MW) werden bisweilen liberal und neoliberal bezeichnet. Aber diese Bezeichnung ist oft tendenziös und nicht treffend. Tendenziös dann, wenn die Gegner sich die Kritik leicht machen wollen. Der kirchliche oder politische Liberalismus hat viele Feinde. In manchen Ländern haftet dem Wort auch die Bedeutung des Atheismus oder auch der Verbundenheit mit gewissen wirtschaftlichen Interessengruppen an. Den Strom der Kritik am Liberalismus überhaupt leitet man nun auf die Wettbewerbsordnungen und ihre gedankliche Vorbereitung – ohne selbst denken zu müssen. Diese Methode der Kritik ist alt. Gegen sie hat sich u.a. auch Kant entschieden und mit Recht gewandt. Nach dem Erscheinen der Kritik der reinen Vernunft behaupteten viele Kritiker, Kant vertrete ein System des höheren Idealismus, wie es bereits Berkeley entwickelt habe. Die neuen Gedanken Kants wurden unter einen alten Sektennamen gebracht. Kant wendet sich gegen dies Verfahren in seinen Prolegonema entschieden. Er spricht davon, dass die verschiedenen Ismen bereitstünden „als Särge um alle neuen, nicht approbierten Gedanken aufzunehmen“. Will man sich mit den Ordnungsprinzipien der Wettbewerbsordnung kritisch auseinandersetzen, so sollte man es auch vermeiden, diese Gedanken in solche Särge zu betten, um sie ohne Nachdenken bestatten zu können. Und man sollte sich die Mühe nehmen, eine eigene Kritik in realistischer Analyse der Wirtschaft zu versuchen."


Bundesliga und Zentralvermarktung

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Zentralvermarktung der Fußball-Bundesliga und mit der Frage welche Güter hier eigentlich vermarktet werden. Dabei soll auch die Wettbewerbsordnung, welche ein überragendes Ordnungsprinzip der sozialen Marktwirtschaft darstellt, berücksichtigt werden.


Es seien an dieser Stelle drei mögliche Ansätze betrachtet, die der Frage nachgehen welches Gut über die sogenannte Zentralvermarktung abgesetzt werden. Man könnte die Fußball-Bundesliga als ein einziges Gut ansehen. In diesem Fall wären die Bundesligavereine einzelne Produktionseinheiten die unter der Führung der „Bundesliga-Holding“ DFL zur Erstellung eines Gesamtproduktes zusammenwirken. Die Absatzmenge wird in jenem Fall auf eine einzige Einheit beschränkt. Die DFL hat ferner eine Monopolstellung beim Angebot dieses Produktes. Aufgrund der hohen Marktmacht ist es möglich einen Preis für das Gut festzusetzen, welcher höher als unter Konkurrenzdruck ist. Aus Sicht der Wettbewerbsordnung ist die wirtschaftliche Macht von partikulären Interessengruppen zugunsten der Konsumentensouveränität zu beschränken. Würde man das Monopol verbieten und Wettbewerb zulassen verflüchtigt sich die sogenannte Monopolrente. Unter vollkommenem Wettbewerb stellt dann eine hinreichende Menge von Anbietern Fußball-Bundesligen bereit und weitet die Produktion soweit aus bis der am Markt für das Produkt Fußball-Bundesliga erzielte Preis den Grenzkosten der Produktion selbigen Gutes entspricht. Zugegeben das klingt ziemlich absurd. Schauen wir uns deshalb zwei weitere Sichtweisen an.


Man könnte davon ausgehen, dass an jedem Spieltag Mannschaften der Bundesligavereine für 90 Minuten eine Art Joint-Venture eingehen um das Gut Bundesliga-Fußball zu produzieren. In diesem Fall werden pro Saison 306 Einzelprodukte erstellt. Im Fall einer Zentralvermarktung der Güter liegt ein Kartell vor. Unter einem Kartell versteht man den Zusammenschluss rechtlich und auch weitgehend wirtschaftlich selbständig bleibender Unternehmen auf vertraglicher Basis. Geht man davon aus dass die Zentralvermarktung auf eine Kartellbildung zurückzuführen ist, dann stellen die Vereine die Unternehmen dar, welche unter dem Dachverband der DFL den Absatz des Gutes Bundesliga-Fußball vertraglich fixieren. Mehr noch wäre unter der Annahme, dass eine Kartellbildung vorliegt die DFL eine eigenständige Absatzorganisation, welche den Absatz der Mitglieder abwickelt. Man spricht hier von einem Syndikat, welches eines der straffsten Formen des Kartells darstellt. Die Regelung des Marktes geschieht lediglich über die Absatzorganisation. Laut dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung sind solche Kartelle verboten. Doch selbst bei einer Einzelvermarktung entsteht unter dieser zweiten Sichtweise das Problem der Kartellbildung. Sieht man nämlich das produzierte Gut als Bundesligaspiel an, bedeutet dies dass ein Mengenkartell vorliegt, welches die saisonale Produktionsmenge des Gutes auf 306 Stück beschränkt. Außerdem ist die Bestreitbarkeit des Marktes auch hier nicht gegeben. Es ist einem Verein, welcher nicht den 18 Bundesligavereinen einer Spielzeit angehört unmöglich das Gut Bundesligaspiel anzubieten (Auf- und Abstieg könnte man als ein Merkmal der Bestreitbarkeit ansehen, was aber auch eine starke Regulierung des Marktzutritts ist. Außerdem bleibt das Problem der Existenz eines Mengenkartells weiterhin bestehen.).


Eine Lösung dieser Problematik ist, das angebotene Gut allgemein als Fußballspiel anzusehen. Ein Verein kann diese Gut in beliebiger Menge anbieten. Er kann bei der Verfügbarkeit von genügend Spielern Mannschaften aufstellen, die im Wettbewerb gegen Mannschaften anderer Vereine antreten. Diese Sichtweise, wonach es sich um das Gut Fußballspiel handelt ist dahingehend problematisch, dass es sich zweifelsohne nicht um homogene Güter handelt, wenn man die Qualität eines Spiels in der höchsten deutschen Spielklasse mit jener eines Kreisligaspiels vergleicht. Diese Überlegung würde dann eher rechtfertigen das Gut als Bundesligaspiel anzusehen. Gleichzeitig funktioniert der Wettbewerb Bundesliga nur als Summe seiner einzelnen Teile. Möglicherweise ist die Fußball-Bundesliga auch ein natürliches Monopol. Will heißen, dass der Markt versagt und gar keinen Wettbewerb verschiedener Bundesligen ermöglicht, wie ihn die etwas abgefahrene erste Sichtweise impliziert. Besteht am Ende sogar ein staatliches Interesse in der Beibehaltung des status quo um das Ziel des sozialen Friedens zu verwirklichen? ;)


Dieser Beitrag dient dazu darüber nachzudenken, worüber beim Thema Zentralvermarktung der Fußball-Bundesliga eigentlich gestritten wird. Eine Lösung dieses Problems erfordert ein tieferes Verständnis der Eigenschaften des zur Verfügung gestellten Gutes, was jedoch jenseits dessen liegt, was dieser Artikel zu leisten vermag. Definitiv geht es um sehr viel Geld auch wenn Fußball nur die schönste Nebensache der Welt ist.